Bei diesem Thema geht es um primäre und sekundäre Muskelgruppen, die wir bei einer Übung beanspruchen.

Schaut man sich z.B. mal typische Powerlifting Trainingsprogramme an, so kann es durchaus sein, dass diese nur aus Kreuzheben, Kniebeugen und Bankdrücken bestehen, die jeweils zweimal in der Woche durchgeführt werden, einmal leichter und einmal schwerer.

Die Brust wird in diesen Plänen meist mittels Bankdrücken trainiert und in einer höheren Frequenz als Kreuzheben oder Kniebeugen. Der Grund dafür ist, dass wir beim Bankdrücken weniger sekundäre Muskelgruppen beanspruchen als beim Kreuzheben oder Kniebeugen. Gerade beim Kreuzheben und bei der Kniebeuge haben wir so viele Muskeln, die an der Ausführung beteiligt sind, dass sich ein Großteil der an der Durchführung beteiligten Muskelgruppen dieser beiden Übungen überschneiden und wir dadurch in gerade diesen Muskeln schon vorermüdet sind.

Sollte euer Ziel also mehr Kraft sein, dann solltet ihr euch dieses Umstandes immer bewusst sein! Wollt ihr eure Muskelgruppen in einer hohen Frequenz trainieren (2+/Woche) müsst ihr die Überschneidungen der einzelnen Übungen in Bezug auf die Muskelgruppen die ihr beansprucht im Hinterkopf behalten. Packt ihr beispielsweise Kreuzheben mit hoher Intensität vor das Kniebeugen dass ihr ebenfalls mit hoher Intensität ausführen wollt, dann werdet ihr die Überschneidung und die dadurch entstehende Vorermüdung beim Kniebeugen deutlich merken.

Aus diesem Grund ist es wahrscheinlich für 90% der Menschen nicht sehr ratsam 3xWoche Kniebeugen und 3xWoche Kreuzheben mit einer hohen Intensität und hohem Volumen zu trainieren.  

Genauso sieht es beim Hypertrophietraining aus. Wenn es um das Training und die verschiedenen Übungen geht, denken die meisten Leute zu einfach. Was meinen wir damit?

Nehmen wir als anderes Beispiel Überzüge (Lat Pulldown/Lat Pushdown). Die meisten, die diese Übung kennen und vielleicht auch schon einmal ausgeführt haben, werden jetzt denken: „ Gut, Überzüge trainieren natürlich den Latissimus, eventuell ist der Biceps noch dabei und die hintere Schulter macht bestimmt auch noch was“ Wovon wahrscheinlich niemand ausgeht, ist dass beispielsweise euer Brustmuskel beim Lat-Pulldown/Lat-Pushdown auch einen Teil der Arbeit übernimmt. Sobald ihr euren Arm nämlich gerade nach oben streckt, wird euer Brustmuskel gedehnt, um euren Arm gegen einen Widerstand wieder nach unten zu bringen, kontrahiert euer Brustmuskel und auch euer Triceps (Auch wenn bei dieser Bewegung natürlich der Latissimus den Großteil der Arbeit übernimmt).  

Falls ihr also, um noch einmal zum Kreuzheben und den Kniebeugen zurückzukehren (Diese Übungen kennen nämlich wahrscheinlich die meisten) und ihr diese bisher unter der Annahme trainiert habt Kreuzheben = Rückenmuskulatur und Kniebeugen = Beinmuskulatur, dann trainiert ihr bei beiden Übungen in Wirklichkeit beide Muskelgruppen, Rücken (Überwiegend im Lendenbereich) und Beine.

Aus dem Grund der Überschneidung habe ich beispielsweise in meinem aktuellen Trainingsplan keine Biceps-Isolationsübung eingebaut wie z.B. Kurzhantel-curls oder SZ-Curls. Da ich bei den Übungen für meinen Rücken viele Zug und Ruderbewegungen eingebaut habe, bei denen ich jedes mal den Bisceps mittrainiere, würde ich mit zusätzlichen Biceps-curls hier das Volumen schlicht sprengen. Nehmen wir an, wir trainieren unseren Rücken mit einem Volumen von 20 Sätzen pro Woche. Da wir aber beispielsweise beim Latziehen, Rudern etc. unseren Biceps mehr benutzen als beim Kreuzheben nehmen wir an, wir trainieren beim Rückentraining unseren Biceps schon mit ca.12 Sätzen mit. Würden wir nun noch einmal zusätzlich ca. 10 Sätze pro Woche Bicepscurls einbauen, würden wir unseren Biceps mit ca. 22 Sätzen pro Woche trainieren d.h. wir sind deutlich über der Volumenempfehlung die Sinnvoll wäre! Jetzt stellen wir uns dazu noch vor, wie groß unser Biceps ist und wie groß unser Rücken. Ihr merkt wahrscheinlich hier auch als Novize, dass da was nicht stimmen kann.

In der unten stehenden Tabelle haben wir euch einmal die Primären- und Sekundären Muskelgruppen für verschieden Übungsmuster aufgelistet:

ÜbungsmusterPrimäre MuskelgruppeSekundäre Muskelgruppe
Horizontale Drückbewegungen (Flachbank, Schrägbank (pos. Oder neg.))Brust, vordere SchulternTrizeps, Mittlere Schultern
Vertikale Drückbewegungen (Alle Überkopfvarianten)Vordere Schultern, TrizepsMittlere Schultern
Horizontale Zugbewegungen (Ruderbewegungen)Latissimus, Trapezius, RhomboidenHintere Schultern, Bizeps, Mittlere Schultern
Vertikale Zugbewegungen (Zugbewegungen mit untersch. Griffposition)Latissimus, BizepsHintere Schultern
Überzüge (Alle Arten von Überzügen)LatissimusBrust, Trizeps
Hockbewegungen (alle Kniebeuge varianten, Beinpresse)Quadrizeps, GluteusErector spinae  
Hip Hinge Bewegungen (Kreuzhebevarianten, good mornings, Rückenstrecken)Gluteus, Hamstrings, Erector SpinaeTrapezius, Rhomboiden
Horizontale Hüftstreckbewegungen (hip thrusts, glute bridges etc.)GluteusHamstrings
Fliegende Bewegungen (Kabel/Kurzhantel fliegende)BrustVordere Schultern

Gerade für Beginner kann es sinnvoller sein große Verbundübungen als Basis für ihr Training zu nutzen, anstelle vieler Isolationsübungen aneinanderzureihen. Für erfahrenere Athleten kann es auf der anderen Seite durchaus sinnvoll sein, die Schwachstellen mit zusätzlichen Isolationsübungen zu trainieren.

Hier geht es wieder darum, auf euren Körper zu hören und auszuprobieren, was für euch besser funktioniert und was nicht.

Quellen:

Ehlers Botton, C., Wilhelm, E. N., Ughini, C. C., Pinto, R. S., & Lima, . C. S. (2013). Electromyographical analysis of the deltoid between different strength training exercises. Medicina sportiva / English edition, 17(2), pp. S. 67-71.

Landin, D., & Thompson, M. (2011). The shoulder extension function of the triceps brachii. Journal of electromyography and kinesiology : official journal of the International Society of Electrophysiological Kinesiology, 21(1), 161–165.

Marchetti, P. H., & Uchida, M. C. (2011). Effects of the pullover exercise on the pectoralis major and latissimus dorsi muscles as evaluated by EMG. Journal of applied biomechanics, 27(4), 380–384.


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