In den letzten Beiträgen zum Thema Training haben wir uns mit den 3 Grundpfeilern eines guten Trainings beschäftigt, haben uns angeschaut wie ihr euer Training gestalten solltet, wenn euer Ziel Kraft- oder Muskelaufbau ist und wie sich einzelne Übungen gegenseitig beeinflussen können. In diesem Beitrag soll es nun darum gehen, welche Übungen man überhaupt in sein Training reinpacken sollte.
Die Auswahl der Übungen hängt primär von eurem Trainingsziel ab. Wollt ihr hauptsächlich Kraft aufbauen oder ist euer Ziel Muskelwachstum. Dies hat nicht nur bei der Wahl des Volumens, der Frequenz und der Intensität einen großen Einfluss, sondern eben auch bei der Auswahl eurer Übungen.
Beginnen wir mit dem Ziel Kraftaufbau.
Ist euer Ziel in einer bestimmten Übung oder Bewegung kräftiger zu werden, ist der effektivste Weg genau diese Übung bzw. genau dieses bestimmte Bewegungsmuster auch genauso zu trainieren.
Nehmen wir z.B. an, ihr möchtet bei der Kniebeuge stärker werden und mit mehr Gewicht trainieren, dann ist es der beste Weg, Kniebeugen durchzuführen, da ihr bei genau dieser Bewegung spezifisch die Muskeln aktiviert und trainiert, welche ihr genau für dieses Bewegungsmuster braucht. Die primären Muskelgruppen bei der Kniebeuge sind eure Oberschenkelmuskeln (Quadrizeps, Hamstrings) und euer Po (Gluteus).
Wir könnten ja auch jetzt hergehen und genau diese Muskeln an der Beinpresse trainieren. Heißt wir trainieren die gleichen primären Muskelgruppen, allerdings in einer anderen Bewegung. Oder wir trainieren alle diese Muskeln isoliert voneinander.
Würdet ihr den zweiten oder dritten Weg gehen und hättet dort enorme Kraftzuwächse und Muskelzuwächse zu verzeichnen, könntet ihr trotzdem bei der Kniebeuge nicht einmal annährend so schwer trainieren.
Das bedeutet jetzt nicht, ihr müsst oder solltet nur genau die Übungen trainieren, in denen ihr kräftiger werden wollt, ihr solltet aber den Fokus auf jeden Fall auf diese Übungen legen.
Beim Krafttraining kann man also sagen:
Die Hauptbewegungsmuster beim Krafttraining sollten Bewegungen sein, in denen ihr kräftiger werden wollt. Das bedeutet für die Übungsauswahl: 50-75% eures Volumens sollte aus Übungen bestehen, in denen ihr kräftiger werden wollt.
Beim Hypertrophietraining (Training für dickere Muskeln) sieht die Sache ein bisschen anders aus.
Im Zusammenhang mit Hypertrophietraining und Übungsauswahl fällt öfter mal der Begriff „muscle confusion“ (Muskelverwirrung). Was die meisten Leute darunter fälschlicherweise verstehen ist, seine Muskeln durch ständig wechselnde Übungen zu „verwirren“, sodass kontinuierlich neue Wachstumsreize gesetzt werden und die Muskulatur sich nicht an bestimmte Bewegungsmuster anpassen kann.
Unserer Ansicht nach ist es auf jeden Fall sinnvoll nicht 3 Jahre am Stück immer dieselben Übungen, mit demselben Gewicht und derselben Satz- und Wiederholungszahl durzuführen, da sonst tatsächlich keine neuen Reize gesetzt werden und kein Fortschritt erzielt wird. Dennoch ist der Ansatz „Ich muss jedes Training andere Übungen wählen, um meine Muskeln zu verwirren und zu verhindern, dass sie sich an die Übung gewöhnen“ nicht sehr sinnvoll, und zwar aus mehreren Gründen:
Um eure Muskeln zu „verwirren“ müsst ihr nicht die Übung wechseln, denn wenn ihr z.B. regelmäßig euer Gewicht steigert (Progressive Overload), die Übung doppelt so langsam ausführt wie sonst, zwischen jeder Wiederholung eine Pause macht, die Wiederholungszahl ändert etc. dann sind eure Muskeln schon „verwirrt“ denn die Belastung/Bewegung ist anders als sonst.
Der zweite Grund ist fast noch wichtiger, denn wenn ihr ständig eure Übungen wechselt ist zum einen die Gefahr größer (gerade als Anfänger) sich das richtige Bewegungsmuster nicht einprägen zu können zum anderen konnte in Studien gezeigt werden, dass Kraftzuwächse durch Neuromuskuläre Adaption entsteht und dies vor allem durch Bewegungs-Skills, die man sich über die Zeit angeeignet hat. Dies ist auch ein Grund dafür, dass es beim Krafttraining Sinn macht die Übung zu trainieren in der man stärker werden möchte, da man dadurch genau in diesem Bewegungsmuster besser wird und es so zu neuromuskulärer Adaption kommen kann.
Bedeutet das jetzt, seine Übungen niemals zu wechseln?
Jain. Was ihr machen solltet ist, einen Teil eurer Übungen beizubehalten und einen Teil zu wechseln. In der Praxis bedeutet das (gilt für Kraft- & Hypertrophietraining), ihr solltet immer Verbundübungen in eurem Trainingsplan haben. Verbundübungen sind Übungen, die mehrere Muskelgruppen ansprechen und über mehrere Gelenke gehen. Dazu gehören beispielsweise die Kniebeuge, das Kreuzheben, das Bankdrücken, Klimmzüge, Schulterpresse etc.
Es kann aber durchaus sein, dass eine Verbundübung nicht immer der effektivste Weg ist einen bestimmten Muskel zu trainieren, weshalb es daher von Vorteil sein kann die einzelnen Muskeln mit anderen Übungen zusätzlich zu trainieren. Das gewährleistet, dass ihr ein gleichmäßiges Kraft- und Muskelwachstum erreicht und keine Schwachstellen habt, welche euch dann wiederum bei den Verbundübungen limitieren.
Wenn euer Ziel also Muskelhypertrophie ist, dann ist es anzuraten 1-2 Verbundübungen und 1-3 Isolationsübungen (einzelne Muskeln werden isoliert trainiert wie z.B. Bicepscurls, Kniestrecker/-beuger, Triceps am Seil etc.)
Die Verbundübungen solltet ihr durchgängig in euren Trainings beibehalten, die Isolationsübungen können, aufgrund ihrer einfacherer Bewegungsausführung, auch öfter mal gewechselt werden.
Da wir jetzt geklärt haben, wie viele Übungen pro Training ausgewählt werden sollten, kommen wir nun dazu welche Übungen wir auswählen sollten.
Beim Krafttraining solltet ihr, wie schon ein paar Mal genannt, die Übung trainieren, bei der ihr stärker werden wollt. Verbundübungen wie Kreuzheben, Kniebeugen und Bankdrücken sollten den Kern eures Trainingsprogramms bilden.
Beim Muskelwachstum ist es gerade für Anfänger sinnvoll sich an die Hauptübungen zu halten, welche die großen Muskelgruppen trainieren:
Bankdrücken
Überkopfpresse
Dips
Klimmzüge
Kreuzheben
Kniebeugen
Als Beginner werdet ihr sowieso relativ schnell an Kraft und Muskelmasse zulegen. Es ist daher wichtig, dass ihr gerade bei diesen Übungen die korrekte Ausführung verinnerlicht und bei diesen Übungen besser werdet. Es ist sinnvoll sich als Anfänger zu Beginn einen kompetenten Trainer zu organisieren, der euch ein paar Wochen bei eurem Training begleitet.
Solltet ihr dann nach einem gewissen Fortschritt bestimmte Schachpunkte in einzelnen Muskeln/Muskelgruppen feststellen, könnt ihr diese dann zusätzlich zu den Grundübungen noch mit Isolationsübungen bearbeiten.
Zusammenfassend können wir also festhalten:
Übungsauswahl für Kraft:
50-75% des Gesamtvolumens sollte in den Übungen absolviert werden, in denen ihr mehr Kraft entwickeln wollt
Übungsauswahl für Hypertrophie:
1-2 Verbundübungen für die großen Muskelgruppen (Beine, Rücken, Brust, Bauch, Schultern & Arme)
1-3 Isolationsübungen für jede Muskelgruppe
Quellen:
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